Skip to main content

Wenn Fritz Haase jemandem seine Briefmarkensammlung zeigt,
dann geht es dem Mann aus Bremen nicht darum, ein Mädchen herum zu kriegen.
Zumal das Album mit rund 90 gezackten Exemplaren recht überschaubar ist.
Aber: Allesamt sind es kleine Kunstwerke, die der 66-jährigen Professor mit
seiner Ehefrau Sibylle selbst geschaffen hat und die in millionenfacher
Auflage Briefe in alle Welt zieren. Die Kunst des Grafiker-Paares wird
abgerissen, abgeschleckt und aufgeklebt – ab morgen auch eine Ansicht des
Erfurter Domes. Nur 2,15 mal 2,55 Zentimeter groß ist die so genannte
Dauerbriefmarke, dafür wird sie in millionenfacher Auflage gedruckt – und
ist für nur fünf Cent zu bekommen.“Mit der Geschichte der Luftfahrt hat alles begonnen – 1980″, erinnert sich
Haase im Gespräch mit der TLZ. Damals waren die Haases zum Wettbewerb der
Post eingeladen worden, ihre Motive gefielen der Jury am besten. Weitere
Marken folgten, ehe die Bremer 1987 den Zuschlag für die Serie
„Sehenswürdigkeiten in Deutschland“ bekamen. 65 Motive haben sie inzwischen
gestaltet – „der Stil sollte gewahrt bleiben“, sagt Haase. Alle Marken
dieser Serie sind „handgemacht“, andere entstehen am Computer. Sibylle Haase
zeichnet mit schwarzer Tusche auf einem Din-A-5-Blatt die Vorlage. Dann wird
über den Ausschnitt entschieden: „Wir wollen neugierig machen, sich einmal
das Original anzusehen, indem sich stets nur Teile des Bauwerks auf der
Marke wiederfinden“, sagt Fritz Haase. Sie selbst allerdings haben bislang
weder Erfurt noch vor Ort den Dom gesehen, verrät der Grafiker, der den
Besuch jedoch nachholen will: „Die Bücher haben uns neugierig gemacht.“
Unterlagen des Dombauamtes, Fotos aus Büchern, historische Ansichten – sie
dienten als Grundlage für die Tuschezeichnung.
Detailgenaue Striche
Anders als in Köln, fühlen sich die Haases in Erfurt gut informiert: „Dort
hatte uns das Bauamt schlicht empfohlen, ein Buch über den Dom zu kaufen.
Die Folgen waren fatal“, sagt der 66-Jährige. Auf der Marke sei ein
architektonisches Detail enthalten, das heute so nicht mehr existiere. Der
Ärger war groß – die Freude der Briefmarkensammler angesichts dieser
Hintergrundgeschichte umso größer. Dennoch sei nicht jeder Winkel, jedes
Ornament auf das Postwertzeichen zu übertragen.
Beim Erfurter Dom seien derartige Widersprüche nicht zu erwarten: „Nach Köln
sind sind wir noch vorsichtiger geworden“, sagt Haase. Schließlich sind die
Marken über die Jahre immer detailgenauer geworden: Je besser das
Druckverfahren, umso schmaler die Strichstärke der Zeichnung.
Eine Lieblingsmarke hat Professor Haase nicht: „Das ist immer die, an der
wir gerade arbeiten“, sagt er. Am besten sähen sie aus, wenn sie
nebeneinander geklebt würden und alte und moderne Architektur auf Umschlägen
durch die Gegenüberstellung wirke, wenn Meisterhäuser aus Dessau auf den Dom
der Spätgotik treffen.
Und dass seine Kunstwerke abgeschleckt werden, stört den Grafiker nicht im
Geringsten: „Das ist Ausdruck einer persönlichen Beziehung zu unseren
Werken“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er weiß: Künstler wie Pop-Art-Ikone
Andy Warhol hätten sich über eine so große Verbreitung ihrer Kunst und so
viele begeisterte Sammler gefreut – die Auflagenzahlen der „alten
Briefmarken-Haasen“ aus Bremen sind wohl ungeschlagen.

Frank Karmeyer

Journalist

Leave a Reply

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.